17.3.2025

Das Energiequartier Bedburg – Eine Blaupause für die Energiewende im kleinstädtischen Raum

Lesezeit: 6 Minuten

Schaufelradbagger und Förderbänder – sie sind symbolisch für das Rheinische Revier in Nordrhein-Westfalen. Heute weht jedoch oft ein neuer Wind – im Zeichen der Energiewende mit dem Ausbau von Anlagen zur Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen und einer umfassenden Vernetzung. Im Rahmen des Projektes SmartQuart wurde die Ressourcenschutzsiedlung Bedburg-Kaster als Teil des Förderprogramms „Reallabore der Energiewende“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ins Leben gerufen.

Auf knapp 55.000 Quadratmetern wird die Energiewende direkt vor Ort, neben einem ehemaligen Abbaugebiet, Realität. Mit dem elektrischen Quartier Bedburg liefert SmartQuart ein Beispiel für eine erfolgreiche Wohngebietslösung in einer Kleinstadt. Das Quartier zeichnet sich vor allem durch eine ganzheitliche und klimaneutrale Energieversorgung aus, die lokale Vernetzung und einen nachhaltigen Ressourceneinsatz fördert.

Im Modellprojekt SmartQuart gibt es sechs zentrale Themenbereiche, welche die Ressourcenschutzsiedlung zu einer echten Blaupause für die Energiewende im kleinstädtischen Raum machen:

Innovatives Energiekonzept versorgt Anwohner*innen mit erneuerbaren Energien


Das innovative Energiekonzept der Ressourcenschutzsiedlung als Teil des Projektes SmartQuart zeigt auf Quartiersebene, wie die Energiewende im kleinstädtischen Raum gelingen kann.

  • Eine quartierseigene PV-Anlage und eine Windenergieanlage mit einer Nennleistung von 5,5 Megawatt liefern per Direktanbindung über ein rund vier Kilometer langes Kabel grünen Strom. Diesen können die Bewohner*innen dank eines Batteriespeichers auch abends oder bei Windstille nutzen.
  • Das Quartier ist zusätzlich an das öffentliche Stromverteilnetz angebunden.
  • Zur Bereitstellung von grüner Wärme kommen Techniken zur Abwasser-Wärmerückgewinnung und rund 50 Erdflächenkollektoren auf einer Fläche von über 500 m² zum Einsatz.
  • Weiterhin runden fünf zentrale Wärmepumpen, viele dezentrale Wärmepumpen in den Häusern sowie ein Wärme-Pufferspeicher mit einer Kapazität von 14.000 Litern das nachhaltige Konzept ab. Wärmepumpen, die sowohl zum Heizen als auch zum Kühlen genutzt werden können, reduzieren die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Ein zusätzlicher Vorteil: Sie bieten Kühlung, die mit steigenden Außentemperaturen aufgrund des Klimawandels immer wichtiger wird. Ein Niedrigtemperaturnetz sorgt mit gleitenden Temperaturen von circa 15°C im Sommer (Kühlbetrieb) und ca. 40°C bis 45°C im Winter (Wärmebetrieb) für eine besonders effiziente Energieversorgung und zusätzliche Kühlung im Sommer.
Die klimaneutrale Energieversorgung der Ressourcenschutzsiedlung Bedburg-Kaster ist seit April 2024 komplett in Betrieb und kombiniert innovative Lösungen zur Energieversorgung.

Wie das lokale Energiesystem im Einzelnen funktioniert, verdeutlicht dieses Schaubild.

Es wird digital über die quartierseigene Energiezentrale gesteuert – das Herzstück der Energieversorgung der Ressourcenschutzsiedlung.


Das Energiequartier aus ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten


Das energetische Gesamtkonzept des Quartiers kombiniert innovative Lösungen zur Strom- und Wärmeversorgung und ist seit April 2024 im Regelbetrieb.

Das elektrische Quartier hat eine nachhaltige Energieversorgung aufgebaut, die einen großen Beitrag zum Klimaschutz leistet und den Bewohner*innen eine grüne, zukunftssichere Versorgung bietet. Es wird sektorenübergreifend und intelligent gesteuert, um die Haushalte effizient und weitgehend energieautark zu versorgen – unter größtmöglicher Nutzung lokal erzeugter, regenerativer Energie aus Wind, Sonne und der Erde sowie der Abwärme aus Abwasser. Das Energiesystem umfasst nicht nur Strom, Wärme und Kühlung, sondern auch ein digitales Netz und fördert die Nutzung emissionsfreier Mobilität, z. B. durch eine geplante öffentliche Ladesäule für Elektrofahrzeuge.

Ein weiteres Plus: Die Bewohner*innen können von einem Kombipaket profitieren, das ihnen neben der Wärmeversorgung auch ein lokales Quartiersstromangebot als Zusatzoption zur Wärmelieferung bietet. Sie profitieren so von 100 Prozent grünen und erneuerbaren Energien, die vor Ort erzeugt werden.


Transformation und Quartierskonzepte gelingen nur, wenn man die Menschen mitnimmt


Transformation und Quartierskonzepte gelingen nur, wenn man die Menschen mitnimmt. Diesen zentralen Aspekt verfolgt SmartQuart in all seinen Quartieren, so auch in der Ressourcenschutzsiedlung Bedburg-Kaster. Für SmartQuart ist klar: Nur gemeinsam kann die Energiewende gelingen. Aus diesem Grund ist die Einbeziehung aller beteiligten Akteur*innen in den einzelnen Projektphasen ein elementarer Bestandteil des Projektes.

Seit dem Baubeginn im Jahr 2020 wurden die rund 110 Haushalte kontinuierlich in das Projekt eingebunden. Dies geschah durch Veranstaltungen wie den Quartiersfesten für die Bewohner*innen, Umfragen und durch ein offenes Ohr für ihre Wünsche und Fragen. Im Rahmen der Planung, Umsetzung, Nutzung und des Betriebes der neuen Quartiere wurden alle Akteure wie Bewohner*innen, Nutzer*innen, Architekt*innen, Techniker*innen und Betreiber*innen der technischen Anlagen und der Gebäude regelmäßig eingebunden.

Bei lokalen Events wie dem Herbstfest (September 2022) oder der Veranstaltung zur technischen Inbetriebnahme (April 2024) haben alle Bewohner*innen die Gelegenheit, sich direkt mit den Projektpartnern und Nachbar*innen auszutauschen. Dabei wurden zentrale Themen des Quartiers, wie Ressourcenschutz und lokale regenerativen Energieerzeugung, behandelt. Natürlich kommen auch Aspekte des nachbarschaftlichen Zusammenlebens nicht zu kurz.

Des Weiteren bietet die Ressourcenschutzsiedlung Bedburg-Kaster einen „Showroom“ als Begegnungsort: Auf rund 30 m2 werden hier – direkt neben der Energiezentrale – die Prinzipien einer nachhaltigen Quartiersentwicklung sowie die Grundlagen des Energiesystems anschaulich und verständlich erklärt. So erhalten die Anwohner*innen einen besseren Einblick in das Konzept. Schulklassen und andere interessierte Besuchergruppen sind ebenfalls herzlich eingeladen, den „Showroom“ sowie die Siedlung zu besichtigen.

Seit dem Baubeginn des Energiequartiers in 2020 wurden die rund 110 Haushalte durch Veranstaltungen und ein „offenes Ohr“ für die Wünsche und Fragen vor Ort kontinuierlich eingebunden.


Die SmartQuart Siedlung Bedburg: Ein Beispiel für erfolgreichen Ressourcenschutz


Seit April 2024 werden in der Ressourcenschutzsiedlung Bedburg-Kaster rund 110 Haushalte intelligent mit grüner Energie versorgt. Damit erfüllt die Siedlung die Bedürfnisse der Bewohner*innen sowie die politische Maßgabe, nachhaltig und ressourcenschonend zu wohnen. Ob Strom, Wärme oder Kälte – die grüne Energie wird lokal erzeugt, gespeichert und verbraucht.

So funktioniert’s: SmartQuart nutzt regenerative Wind- und Sonnenenergie, die direkt von einem nahegelegenen Windpark sowie den quartierseigenen PV-Anlagen bezogen wird. Weitere Energiequellen wie Abwasser und das Erdkollektorfeld ergänzen die regenerative Versorgung. Damit wird das ‚Reallabor der Energiewende‘ in Bedburg zu einem Vorbild für viele weitere Projekte zur Energieversorgung von Kleinstädten.

Ein weiterer wichtiger Aspekt: Die Ressourcenschutzsiedlung Bedburg-Kaster wurde nach dem Faktor-X Prinzip gebaut, das den Einsatz von ressourcenschonenden Materialien wie Holz, Naturdämmschichten und Recycling-Baustoffen vorsieht. Auf diese Weise werden in allen Phasen — vor, während und nach dem Bau — nahezu alle Treibhausgase vermieden und Ressourcen sowie Energie gespart. Konkret bedeutet das für Bedburg: Alle Gebäude verbrauchen mindestens 50 Prozent weniger Ressourcen als bei herkömmlicher Bauweise. Dies ist nicht nur umweltschonend, sondern auch wirtschaftlich attraktiv.

Mit diesem Ansatz wurde eine Blaupause für Architekt*innen, Bauherr*innen und Kommunen in ganz Deutschland geschaffen, die Nachhaltigkeit, Klima- und Ressourcenschutz in der Quartiersentwicklung ganzheitlich umsetzt.


Energie-Optimierung durch ein digitales Quartiersmanagement-System


Die Inbetriebnahme des Digitalen Quartiersenergiemanagementsystems (DQEMS) im Quartier Bedburg stellt einen Meilenstein für die Optimierung des Energiekonzeptes und der Energieversorgung der Bewohner*innen dar. Das System ermöglicht eine intelligente Vernetzung von Erzeugern (wie die per Direktleitung bezogene Windenergie, die Solaranlage und das Erdkollektorfeld) und den Quartiersbewohner*innen. So gelingt es, die Strom- und Wärmeversorgung durch die Vernetzung zwischen den relevanten Akteur*innen effizienter zu machen und die Nutzung der relevanten technischen Anlagen zu optimieren.

Das Quartier ist über ein eigenes Glasfasernetz digital verbunden. 93 der rund 110 Haushalte sind bereits daran angeschlossen. Dieses Netz dient einerseits der Telekommunikation der Bewohner*innen, andererseits wird es für das Energiesystem genutzt. Das DQEMS überwacht die Energieversorgung in Echtzeit und steuert diese intelligent, da alle Komponenten miteinander verbunden sind. Der Quartiersbetreiber verfügt so über Zugriff auf Echtzeitdaten und kann mögliche Störquellen frühzeitig beheben. Entscheidend ist das DQEMS auch für den systemischen Verbund von SmartQuart, da nun reale Daten und Energieflüsse gesammelt und ausgewertet werden können. Diese können für das bilanzielle Zusammenspiel der Quartiere Essen, Bedburg und Kaisersesch als Grundlage genutzt werden.

Die digitale, technische Infrastruktur ist in der Energiezentrale verortet. Darüber hinaus erhalten die Bewohner*innen ein eigenes Dashboard, das alle relevanten Kennzahlen, wie z. B. Verbrauch und Energieverfügbarkeit, in Echtzeit anzeigt. Viele Anwohner*innen der Ressourcenschutzsiedlung Bedburg-Kaster nutzen dieses Dashboard aktiv. Der Vorteil: Die angeschlossenen Haushalte haben rund um die Uhr die Möglichkeit, den eigenen Energieverbrauch zu kontrollieren und individuell anzupassen. Sie können ihr Heizverhalten überwachen und ihren Warmwasserbedarf jederzeit einsehen. Ein weiteres nützliches Feature: Der Verbrauch kann mit dem von anderen Haushalten verglichen werden.

Durch das Digitale Quartiersmanagementsystems (DQEMS) erhalten die Bewohner*innen im Quartier Bedburg ein eigenes, digitales Dashboard mit in Echtzeit dargestellten, wichtigen Kennzahlen, wie z. B. Verbrauch und Energieverfügbarkeit.

Fazit: Quartier Bedburg macht Bewohner*innen selbst zu Akteur*innen der Energiewende


SmartQuart zeigt, dass eine klimaneutrale Energieversorgung innerhalb eines Quartiers sowie im Zusammenspiel mit benachbarten Quartieren technisch und wirtschaftlich bereits heute möglich ist. Bis Ende 2025 werden dazu an den drei Quartieren des Reallabors neue Produkte und Lösungen für die Planung, Errichtung und den Betrieb energieoptimierter und digitaler Quartiere entwickelt und getestet. Mit innovativen Konzepten zur ganzheitlichen Energieversorgung und nachhaltigem Bauen setzt die Ressourcenschutzsiedlung Bedburg-Kaster – als einer von drei Quartieren im Projekt SmartQuart – schon jetzt Maßstäbe für die klimaneutrale Stadtentwicklung von morgen. Das Quartier und seine Bewohner*innen werden so selbst zu Akteur*innen der Energiewende.


Die Ressourcenschutzsiedlung Bedburg-Kaster im Rheinischen Revier (NRW) gibt der Energiewende auf knapp 55.000 Quadratmetern ein Zuhause.

Neugierig geworden? Klicken Sie auf einen der markierten Themenbereiche, um mehr über die Ausgestaltung des Energiequartiers zu erfahren. Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen!

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